BURNOUT – DIE FEHLENDE BEZIEHUNG ZU SICH SELBST
Einfach nicht mehr das leisten können, wie und was man gewohnt ist. Keine Lust, keine Lebensfreude, völlig energielos und ohne Sicht auf Änderung prägen das Lebensgefühl. Selbst wenn man wollte, ist keine Energie für Veränderungen im Leben da. Die Batterie ist leer.
Burnout ist keine Krankheit
Burnout – ständige Erschöpfung, keine Motivation, Gereiztheit, Schlafstörungen, Gedankenkreisen, Schwindel, Magen-Darm-Probleme, Muskelverspannungen, Gleichgültigkeit, Zynismus, Verbitterung, u.ä. Die Liste der Symptome ist lang. Eine Krankheit im Sinne einer medizinischen Diagnose ist Burnout nicht.
Burnout wird mit zu viel Stress in Verbindung gebracht. Es gibt unzählige Ratgeber, wie wir Stress vermeiden können durch weniger Arbeit, Zeitmanagement, Entspannungstechniken, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Doch es zeigt sich immer wieder, dass die vielen Tipps und Tricks kaum Früchte tragen und technische Verhaltensänderungen am Ende des Tages keinen nennenswerten Erfolg zeigen. Der Frust ist dann oft groß. Im schlimmsten Fall wird der ausbleibende Erfolg als Ausdruck fehlender Willensstärke bewertet, was den inneren Druck zusätzlich erhöht.
Daher bleibt die Frage, was wirklich hinter einem Burnout steckt? Was sind die Faktoren, die Menschen in ein Burnout treiben? Und was macht es so schwer, zurück zur Lebensfreude und zur eigenen Kraft zu finden?
Die Macht der inneren Realität
Ob ein Mensch ein Burnout bekommt oder nicht, hängt weniger von den äußeren Faktoren als von den inneren Bewertungen ab. Was als stressvoll erlebt wird, ist grundsätzlich sehr unterschiedlich. Stress entsteht nicht durch eine bestimmte Situation, sondern durch die subjektive Bewertung, ob man sich einer Situation gewachsen fühlt oder nicht. Die äußeren Faktoren sind letztlich nur der Auslöser für innere Grunddynamiken und Muster, die den Weg in ein Burnout bereiten.
Prägende Muster und innere Realitäten üben eine starke Macht aus, wie man die Welt und die damit verbundenen Beziehungen erlebt. Burnout fördernde Muster zeigen sich beispielsweise in Dynamiken wie:
- man gibt mehr als man bekommt
- man handelt selbstlos, ohne Gespür von Grenzen für sich selbst und andere
- man orientiert sich im Außen
- man fühlt sich für alles und jeden verantwortlich
- man sucht Anerkennung, Bestätigung oder Liebe in Beziehungen oder im Beruf
- Fehlender Umgang mit Gefühlen von Hilflosigkeit, Ohnmacht,
- Kontrollverlust, Angst, Wut, Trauer
- Wenig bis kein Gespür für eigene Bedürfnisse
Die Wurzel unserer inneren Realitäten liegt in den prägenden Beziehungserfahrungen unserer ersten Lebensjahre. Nicht nur die Beziehung zu unseren Eltern und Bezugspersonen, sondern auch deren inneren Grundmuster wirken stetig auf uns ein. Oftmals über viele Generationen werden Wertesysteme und Glaubenssätze unhinterfragt weitergegeben.
Diese Grunddynamiken oder inneren Gesetzmäßigkeiten werden als Kind ungeprüft übernommen und in die eigene Identität aufgenommen. Viele Jahre später im Erwachsenenalter kommt ein Gefühl auf, ein Leben zu leben, was nicht das eigene ist oder man nicht man selbst ist. Vielleicht fühlt man sich verloren oder vom Leben betrogen, ausgebrannt und ausgezehrt.
Immer wieder zeigen sich in der therapeutischen Arbeit brüchige Grenzen, falsche Loyalitäten und eine fehlende Beziehung zu sich selbst, die Menschen früher oder später ausbrennen lassen. Daher ist ein erster wichtiger Schritt zu erkennen, dass wir selbst die Veränderung unserer prägenden Muster in der Hand haben und aktiv am Aufbau unserer Grenzen arbeiten können. Ein weiterer Schritt aus der Ohnmacht in die Selbstermächtigung ist, die Entscheidung zu treffen, sich aus den destruktiven Mustern und den damit verbundenen seelischen Verstrickungen des Familiensystems zu lösen.
Die fehlende Beziehung zu sich selbst und der Umwelt
Frühe Stresserfahrungen prägen die Beziehung zu uns selbst und zur Umwelt. Je geborgener ein Mensch aufwächst und je mehr gesunde Beziehungserfahrungen er hat, desto stärker ist die Beziehung zu sich selbst, die eigenen Grenzen und die zu anderen klar und die Gefahr für ein Burnout gering.
Menschen, die mit einem Burnout zu kämpfen haben, haben ein geringe Fähigkeit sich selbst wahrzunehmen. Die Beziehung zu sich selbst ist brüchig oder fehlt ganz. Eigene Grenzen und eigene Bedürfnisse werden kaum bis gar nicht wahrgenommen. Das Gefühl zu funktionieren, stark zu sein oder viel leisten müssen, stehen im Vordergrund. Damit verbunden ist häufig eine kindliche Bedürftigkeit, die von anderen Menschen nicht gestillt werden kann. Es ist nie genug. Man fühlt sich nie satt oder genährt. Der innere Kampf ist endlos.
Viele berichten auch davon eine Maske zu tragen, sich selbst nicht zeigen zu können oder sich selbst nicht zu kennen. Auch zeigt sich immer wieder eine ausgeprägte Aggressionshemmung. Nein sagen, fällt schwer und wird begleitet von Ängsten. Die unterdrückte Aggression wird dann gegen sich selbst gerichtet und führt zur Selbstabwertung und psychosomatischen Beschwerden. Gefühle der fehlenden Motivation, Energieverlust und Ausgebranntsein prägen das innere Erleben.
Burnout ist ein Ausdruck der fehlenden Selbstverbindung und mangelnder Grenzen. Die Energie verpufft im leeren Raum, man gibt und gibt und bekommt nichts zurück. Dahinter stehen eigene Muster (Überlebensstrategien) oder unbewusste Glaubenssätze, die das grenzenlose Verhalten stetig befeuern. Daher sind wir selbst gefordert, eigene Muster zu erkennen und der Grenzenlosigkeit ein Stopp zu setzen. Dazu zählt auch, die Grenzen anderer wahrzunehmen und nicht durch ein übermäßiges Verantwortungsgefühle oder Leistungsbereitschaft, fremde Grenzen zu ignorieren. Aus falscher Hilfsbereitschaft wird ein Nein nicht gehört, Ratschläge erteilt oder sich ins Leben von anderen eingemischt, was unnötig Energie kostet. Maximaler Einsatz, null Gewinn.
Die fehlenden Grenzen treiben Menschen nicht nur beruflich in ein Burnout, sondern auch in Beziehungen. Hier herrschen die gleichen destruktiven Muster, die eine gesunde Beziehung auf Augenhöhe unmöglich machen. Es kommt immer wieder zu schwierigen und negativen Beziehungserfahrungen, die in eine Wiederholungsfalle führen und das Gefühl der Ohnmacht und Abhängigkeit verstärken. Damit entsteht ein Teufelskreislauf aus mangelnder Unterstützung, einem Ungleichgewicht und falsch gerichteter Aggression.
Um wieder ins seelische Gleichgewicht zu kommen und die Dynamik hinter einem Burnout zu durchbrechen, braucht es Grenzen und eine stabile Selbstverbindung.
Die Beziehung zu sich stärken
Jeder Mensch hat einen unzerstörbaren inneren Kern. In dieser inneren Verbindung kommen wir zum Ausdruck mit „Das bin Ich“. Wir fühlen uns lebendig, energiegeladen, voller Lebensfreude und nährenden Beziehung zu anderen Menschen. Wir haben einen stabilen Selbstschutz und Schutzreflex. Ein Burnout hat hier keine Chance.
In meiner therapeutischen Arbeit stehen die Fragen im Vordergrund, was uns von dieser Verbindung zu uns selbst trennt? Was blockiert? Denn solange wir nicht aus uns selbst heraus handeln, handeln wir aus unseren Kompensationsstrategien. Unsere Überlebensselbst hat uns voll im Griff. Und aus dem Überlebensmodus wird es unmöglich, ein inneres Gleichgewicht zu finden und Grenzen klar zu definieren.
Die eigenen Grenzen zu spüren, schenkt Halt, Sicherheit und Orientierung. Es bedeutet aber auch von alten und vertrauten Gewohnheiten loszulassen. Manche Muster fühlen sich an, als gehörten sie zur eigenen Identität. Sie schenken auf eine verquere Weise eine Illusion von Sicherheit, obwohl sie uns schädigen und ins Burnout treiben. Wer sich viel über Leistung definiert, wird realisieren, dass der eigene Wert nichts mit Leistung zu tun hat. Das kann schmerzhaft sein, enttäuschend und auch Angst machen. Unterdrückte Gefühle werden deutlich spürbar werden, wenn wir beginnen uns zu verändern und uns selbst mehr wahrzunehmen. Die Fragen „Wer bin ich ohne meine Muster?“ oder „Was will und brauche ich überhaupt?“ wollen beantwortet werden, wer wieder mehr Energie und Lebensfreude spüren möchte.
Der Prozess zu sich selbst zu finden und die Beziehung zu sich zu stärken, ist oft schmerzhaft anstatt leicht. Aber wenn die Verbindung mal da ist, will man sie nicht mehr hergeben. Um keinen Preis der Welt.