Selbstfürsorge, Grenzen & Autonomie
Wege zu mehr Ruhe und Gelassenheit
In der Gestalttherapie sind Selbstfürsorge und Grenzen zentrale Elemente für ein erfülltes Leben. Der Zugang zu den eigenen Gefühlen, die achtsame Wahrnehmung der Bedürfnisse und das Lösen von äußeren Einflüssen bilden den Kern vieler innerer Veränderungsprozesse.

Selbstfürsorge ist ein liebevoller Prozess
Selbstfürsorge ist kein statischer Zustand, sondern ein lebendiger, liebevoller Prozess: das bewusste Spüren, Regulieren und Interagieren mit sich selbst und der Umwelt. Gesunde Grenzen sind dabei essenziell, um authentisch zu leben und sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren.
Selbstfürsorge ist ein unerlässlicher Bestandteil unsere Lebensqualität, der das psychische und physische Wohlbefinden stärkt und damit auch zum Gemeinwohl beträgt. Übernimmt jeder Mensch seinen Anteil an Verantwortung für Prävention und einen gesunden Lebensstil, können spätere Erkrankungen, die insbesondere durch zu viel Stress resultieren, reduziert werden.
In einer Welt, die von ständigen Anforderungen und Erwartungen geprägt ist, werden eigene Bedürfnisse schnell hinten angestellt oder zu stark in den Vordergrund gerückt ohne Rücksicht auf andere Menschen.
Selbstfürsorge nimmt nicht nur die eigenen Bedürfnisse in den Blick, sondern achtet auch darauf, dass andere Menschen keinen Schaden nehmen und ein gesundes soziales Miteinander möglich ist. Es geht um die Balance für ein Leben, das dir guttut und gleichzeitig tragfähige Beziehungen ermöglicht.
Warum fällt Selbstfürsorge so schwer?
Viele Menschen haben in ihrer Kindheit gelernt: „Ich darf keine Bedürfnisse haben“ oder „Ich bin nur dann liebenswert, wenn ich funktioniere.“ Wer früh emotionale Vernachlässigung oder Grenzüberschreitungen erlebt hat, empfindet Selbstfürsorge oft als „egoistisch“ oder sogar „gefährlich“. Das Nervensystem bleibt im Modus: Ich muss zuerst für andere da sein, dann bin ich sicher.
Grenzen – Klarheit im Innen & Außen
Grenzen sind ein Schlüsselthema, wenn es um Selbstfürsorge geht. Bevor Grenzen gesetzt werden können, müssen sie gespürt werden. Dafür braucht es den Kontakt zu den wahren Bedürfnissen. Denn nur wenn wir unsere wahrhaftigen Bedürfnisse nähren, entsteht innere Ruhe, Klarheit und Freude.
Emotionale Grenzen definieren den Raum zwischen uns und anderen Menschen und bestimmen, wie viel emotionalen Einfluss wir bereit sind zuzulassen. In vielen Beziehungen – sei es in Freundschaften oder am Arbeitsplatz – kann es leicht passieren, dass wir uns von den Emotionen anderer beeinflussen lassen. Oder wir werden durch bestimmte Situationen oder Menschen getriggert, so dass unser inneres Gleichgewicht verloren geht.
Oft entsteht der Eindruck, dass andere Menschen Schuld sind an unserem Stress. Doch die Wahrnehmung trügt. Die Fragen, welche fehlenden emotionalen Grenzen, vielleicht auch welche Glaubenssätze, hindern uns daran, uns zu schützen oder in der Ruhe zu bleiben unabhängig vom Außen? So werden wir wieder auf uns selbst zurück geworfen. Das fühlt sich im ersten Moment vielleicht unangenehm an, ist jedoch der einzige Weg in unsere Autonomie, Selbstverantwortung und Selbstfürsorge.
Sich selbst in der eigenen Begrenztheit anzunehmen und sich von der Illusion der Grenzenlosigkeit zu lösen, bedeutet: den Körper zu spüren, psychische Signale ernst zu nehmen und Beziehungen so zu gestalten, dass sie gut tun und nicht überfordern.
Autonomie: Leben im Einklang mit sich selbst
Selbstfürsorge stärkt unsere Autonomie. Autonomie bedeutet, aus eigener Kraft zu leben, unabhängig von äußeren Erwartungen und inneren Anpassungsmustern. Sie schenkt innere Stabilität, fördert die Selbstverantwortung und schafft die Basis für klare, stimmige Entscheidungen.
Gestalttherapie beinhaltet in vielen Aspekten die Arbeit an den eigenen Grenzen. Dazu zählen die Stärkung der eigenen Autonomie und eine emotionale Unterscheidung zwischen unserem wahren und dem falschen Selbst. Das wahre Selbst steht für die tiefe Verbindung mit sich selbst, für die wahren Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche. Menschen, die aus ihrem wahren Selbst heraus leben, fühlen sich zufriedener und lebendiger.
Das falsche Selbst ist Ausdruck unserer Überlebensstrategien, die sich zeigen durch Anpassung, Angst vor Ablehnung oder dem Wunsch, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wer überwiegend aus dem falschen Selbst lebt, fühlt sich oft leer, fremdbestimmt, unzufrieden oder ausgebrannt. Stress wird zum ständigen Begleiter, der nicht nur für einem selbst anstrengend ist, sondern auch soziale Beziehungen massiv belastet.
Soziale Beziehungen für eine stabile Selbstfürsorge
Selbstfürsorge findet nicht im luftleeren Raum statt. Wir brauchen Menschen, die uns sehen, uns berühren, uns fordern und mit uns wachsen. Beziehungen, in denen gesunde Grenzen, echte Autonomie und gegenseitiger Respekt gelebt werden, sind wie ein guter Boden, auf dem wir uns entfalten können.
Gesunde soziale Beziehungen sind Teil unserer Selbstfürsorge. Sie tragen maßgeblich zu unserer emotionalen Stabilität bei und helfen, Stress abzubauen. Freundschaften bieten nicht nur Unterstützung in schwierigen Zeiten, sondern fördern auch ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Verständnisses. Es ist entscheidend, Zeit mit Menschen zu verbringen, die uns inspirieren und motivieren. Das Pflegen von sozialen Kontakten, das gegenseitige Interesse und Respektieren von Grenzen sind dabei unerlässlich. Wer in der Lage ist, Grenzen in Beziehungen zu achten, die Autonomie des anderen anerkennt und sich aktiv an der Lebendigkeit der Beziehung beteiligt, schafft ein unterstützendes Umfeld, das dem eigenen Selbstfürsorgeprozess zu Gute kommt.
Die eigene Stimme wieder hören, sich selbst zu vertrauen und Grenzen wahrzunehmen und danach zu handeln, schafft Raum für Gelassenheit, Klarheit und Lebendigkeit.
Dieses Arbeitsblatt unterstützt dich dabei, deine Selbstfürsorge zu reflektieren und mehr Klarheit zu finden.
Was dich erwartet: Reflexionsfragen zu Selbstfürsorge & Autonomie
