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Burnout – Die fehlende Beziehung zu sich selbst

    Burnout – Die fehlende Beziehung zu sich selbst und der Weg zu gesunden Grenzen

    Eine Illustration, die eine Person zeigt, die sich in einer gebückten Haltung zusammenkauert, umgeben von Symbolen für Burnout und psychische Erschöpfung, wie ein leerer Akku, Wolken mit Blitzen, ein zerbrochenes Herz und verworrene Gedanken.

    Kraftlos? Müde? Antriebslos? Burnout ist zu einem Dauerzustand unserer Gesellschaft geworden. Das Leben auf der Überholspur hat seinen Preis. Überstunden, Erwartungsdruck, Dauererreichbarkeit fordern seelisch und körperlich ihren Tribut. Betroffene finden nicht selten nicht mehr zurück in den beruflichen Alltag. Wie ein überstrapazierter Muskel, der seine Elastizität für immer verloren hat, ist die Regeneration aus einem Burnout nicht garantiert. Die Batterie ist leer. Es erfordert eine Veränderung der Lebenshaltung, um Schritte wieder zurück ins Leben zu gehen.

    Die Auflösung der Grenzen in der Gesellschaft ist ein Spiegel der Grenzenlosigkeit, die zu einem Burnout führt. Wir verlieren uns selbst, wenn wir nicht unsere eigenen Grenzen wahrnehmen, respektieren und uns auch mit den Grenzen anderer konfrontieren. Grenzen sind notwendig und gesund. Daher ist ein wesentlicher Schritt der Heilung, der gesunde Umgang mit eigenen Grenze und den Grenzen anderer.

    Burnout ist keine Krankheit

    Burnout – ständige Erschöpfung, keine Motivation, Gereiztheit, Schlafstörungen, Gedankenkreisen, Schwindel, Magen-Darm-Probleme, Muskelverspannungen, Gleichgültigkeit, Zynismus, Verbitterung, u.ä. Die Liste der Symptome ist lang. Eine Krankheit im Sinne einer medizinischen Diagnose ist Burnout nicht.

    Burnout wird mit zu viel Stress in Verbindung gebracht. Es gibt unzählige Ratgeber, wie wir Stress vermeiden können durch weniger Arbeit, Zeitmanagement, Entspannungstechniken, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung. Doch es zeigt sich immer wieder, dass die vielen Tipps und Tricks kaum Früchte tragen und technische Verhaltensänderungen am Ende des Tages keinen nennenswerten Erfolg zeigen. Der Frust ist dann oft groß. Im schlimmsten Fall wird der ausbleibende Erfolg als Ausdruck fehlender Willensstärke bewertet, was den inneren Druck zusätzlich erhöht.

    Daher bleibt die Frage, was wirklich hinter einem Burnout steckt? Was sind die Faktoren, die Menschen in ein Burnout treiben? Und was macht es so schwer, zurück zur Lebensfreude und zur eigenen Kraft zu finden?

    Emotionale Erschöpfung: Was hinter einem Burnout steht

    Burnout ist geprägt von einem seelisch und körperlichen Erleben der Erschöpfung. Die Erschöpfungsphase ist daran zu erkennen, dass es eine dauerhaft hohe Belastung gibt, die nicht mehr durch Erholungszeiten oder Bewältigungsstrategien ausgeglichen werden kann. 

    Gefühle der Ohnmacht, Hilflosigkeit, Schwere, Druckgefühle, Ängste sind typisch. Körperlich zeigen sich Vergesslichkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, starkes Grübeln, wiederkehrende Gedanken. 

    Die emotionale Erschöpfung entsteht nicht durch Überbelastung, sondern ist das Resultat fehlender Grenzen, die als Belastung empfunden wird. Menschen, die sich gut abgrenzen können, haben keinen Burnout. Menschen bekommen einen Burnout, weil sie die Beziehung zu sich selbst und ihrer Umwelt verloren haben. Sie können sich schlecht oder gar nicht abgrenzen. Sie haben ein zu hohes Verantwortungsgefühl, falsch verstandene Verpflichtungsgefühle, Erwartungsdruck, ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle. Oft haben sie ein Helfersyndrom, einen Hang zu Perfektionismus und Kontrolle und einen geringen Selbstwert, den sie versuchen durch Leistung aufzubauen. 

    Emotionale Erschöpfung und emotionale Abhängigkeit sind Geschwister. Wer sich selbst wenig wert ist, eigene Grenzen nicht achtet, sich schlecht abgrenzen kann, gerät schneller in emotionale Abhängigkeiten. Damit ist Tür und Tor geöffnet für ein Burnout.

    Die Macht der inneren Realität: Wie innere Bewertungen Burnout beeinflussen

    Ob ein Mensch in den Zustand eines Burnouts gerät oder nicht, hängt weniger von den äußeren Faktoren als von den inneren Bewertungen ab. Was als stressvoll erlebt wird, ist individuell sehr unterschiedlich. Stress entsteht nicht durch die äußeren Gegebenheiten, sondern durch die subjektive Wahrnehmung und die Bewertung einer Situation. Wenn wir uns einer Situation gewachsen fühlen, empfinden wir sie nicht als stressig. Fühlen wir uns jedoch überfordert, wird der gleiche äußere Auslöser zu einer inneren Belastung.

    Die äußeren Faktoren, die in der Regel als stressig wahrgenommen werden, sind lediglich Auslöser für tief verwurzelte innere Dynamiken und Muster, die den Weg in ein Burnout bereiten.

    Prägende Muster und innere Realitäten

    Unsere inneren Realitäten – die Art und Weise, wie wir uns selbst und die Welt um uns herum wahrnehmen – üben eine starke Macht auf unser Erleben aus. Wenn wir unsere inneren Muster nicht bewusst erkennen und verändern, können sie uns in einen Zustand der Erschöpfung und des Burnouts treiben. Häufige Burnout-fördernde Muster sind zum Beispiel:

    • Mehr geben als man bekommt: Ein Mangel an Selbstfürsorge führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Geben und Empfangen.

    • Selbstlosigkeit ohne Grenzen: Menschen, die ihre eigenen Grenzen nicht spüren oder respektieren, verbrauchen ihre Energie ohne Rücksicht auf sich selbst.

    • Orientierung am Außen: Das ständige Streben nach externer Anerkennung und Bestätigung führt zu innerer Leere.

    • Übermäßige Verantwortung: Wenn man sich für alles und jeden verantwortlich fühlt, entsteht der Stress, alles kontrollieren zu müssen.

    • Suche nach Anerkennung und Liebe: Wenn das Bedürfnis nach Anerkennung nicht in den eigenen Beziehungen oder im Beruf erfüllt wird, kann dies zu einem ständigen Gefühl der Unzulänglichkeit führen.

    • Fehlender Umgang mit schwierigen Gefühlen: Das Unterdrücken von Hilflosigkeit, Ohnmacht, Angst, Wut oder Trauer verstärkt die innere Belastung.

    • Mangelndes Gespür für eigene Bedürfnisse: Wenn die eigenen Bedürfnisse nicht wahrgenommen oder ignoriert werden, kann dies zu emotionaler Erschöpfung führen.

    Die Wurzel unserer inneren Realitäten

    Die Wurzel vieler dieser Muster liegt in den prägenden Beziehungserfahrungen der Kindheit. Nicht nur die Beziehung zu den Eltern und anderen Bezugspersonen beeinflusst unsere Wahrnehmung, sondern auch deren innere Muster, die oft unbewusst und über Generationen hinweg weitergegeben werden. Diese inneren Glaubenssätze und Werte werden als Kind übernommen und in die eigene Identität aufgenommen, ohne hinterfragt zu werden.

    Späte Auswirkungen im Erwachsenenalter

    Viele Jahre später, im Erwachsenenalter, kommt es zu dem Gefühl, ein Leben zu leben, das nicht das eigene ist. Ein Gefühl der Verlorenheit, der Verzweiflung, des Ausgebranntseins und der inneren Leere werden zur Alltagsrealität. Diese unangemessene Identifikation mit übernommenen Werten und Glaubenssätzen führt zu einem Gefühl, sich selbst verloren zu haben.

    In der therapeutischen Arbeit zeigen sich oft brüchige Grenzen, falsche Loyalitäten und eine fehlende Beziehung zu sich selbst – alles Faktoren, die dazu führen, dass Menschen ausbrennen.

    Der Weg zur Selbstermächtigung: Veränderung der inneren Muster

    Ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg aus dem Burnout ist die Erkenntnis, dass wir selbst die Veränderung unserer inneren Muster in der Hand haben. Aktiv an der Entwicklung gesunder Grenzen zu arbeiten, ist entscheidend. Der Weg aus der Ohnmacht hin zur Selbstermächtigung beginnt mit der Entscheidung, sich von destruktiven Mustern und den damit verbundenen seelischen Verstrickungen zu lösen, insbesondere von den Muster, die im Familiensystem verankert sind.

    Die fehlende Beziehung zu sich selbst und der Umwelt: Ein Schlüssel zu Burnout

    Frühe Stresserfahrungen prägen maßgeblich die Beziehung zu uns selbst und zur Umwelt. Menschen, die in einem sicheren und geborgenen Umfeld aufwachsen und gesunde Beziehungserfahrungen machen, entwickeln eine starke Beziehung zu sich selbst, ihre Grenzen sind klar und die Beziehung zu anderen bleibt intakt. In solchen Fällen ist das Risiko, in Burnout zu geraten, relativ gering.

    Im Gegensatz dazu haben Menschen mit Burnout oft eine geringe Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung. Ihre Beziehung zu sich selbst ist entweder brüchig oder völlig nicht vorhanden. Eigene Grenzen und Bedürfnisse werden kaum wahrgenommen oder völlig ignoriert. Stattdessen steht das ständige Funktionieren im Vordergrund – das Gefühl, stark zu sein oder viel leisten zu müssen.

    Kindliche Bedürftigkeit und der innere Kampf

    Dieser Zustand geht häufig mit einer kindlichen Bedürftigkeit einher, die von anderen nicht gestillt werden kann. Es ist, als ob es nie genug ist – weder an Anerkennung noch an emotionaler Nahrung. Der innere Kampf zwischen Leistungund Leere wird endlos fortgesetzt und verschärft den Burnout-Prozess.

    Viele Menschen berichten auch davon, eine Maske zu tragen, sich selbst nicht wirklich zeigen zu können oder sich selbst nicht zu kennen. Dies geht oft mit einer ausgeprägten Aggressionshemmung einher, da es schwierig wird, „Nein“ zu sagen, was wiederum von Angst begleitet wird. Die unterdrückte Aggression wird gegen sich selbst gerichtet, was zu Selbstabwertung und psychosomatischen Beschwerden führt. Motivationsverlust, Energieverlust und Ausgebranntsein prägen das innere Erleben.

    Burnout als Ausdruck der fehlenden Selbstverbindung

    Burnout ist somit ein Ausdruck der fehlenden Selbstverbindung und mangelnder Grenzen. Energie verpufft im leeren Raum – man gibt und gibt und bekommt nichts zurück. Diese Dynamik wird durch eigene Muster und unbewusste Glaubenssätze weiter befeuert, die das grenzenlose Verhalten aufrechterhalten. Daher ist es entscheidend, dass wir unsere Muster erkennen und der Grenzenlosigkeit ein Ende setzen.

    Die Bedeutung von Grenzen in Beziehungen

    Ein wichtiger Aspekt bei der Überwindung von Burnout ist, die Grenzen anderer zu respektieren. Oft erkennen Menschen mit Burnout ihre eigenen Grenzen nicht oder ignorieren sie, was durch ein übermäßiges Verantwortungsgefühl oder Leistungsbereitschaft verstärkt wird. Falsche Hilfsbereitschaft kann dazu führen, dass man sich in die Leben anderer einmischt, ungebetene Ratschläge erteilt oder „Nein“ nicht sagt. Dies kostet unnötig Energie, ohne dass ein echter Gewinn entsteht – weder für sich selbst noch für andere.

    Destruktive Muster in Beziehungen

    Diese fehlenden Grenzen führen nicht nur zu einem Burnout im Berufsleben, sondern auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Die gleichen destruktiven Muster, die zu einem emotionalen Ungleichgewicht führen, verhindern eine gesunde Beziehung auf Augenhöhe. Es kommt immer wieder zu negativen Beziehungserfahrungen, die in eine Wiederholungsfalle führen. Dadurch wird das Gefühl der Ohnmacht und Abhängigkeit weiter verstärkt.

    Dieser Teufelskreislauf aus mangelnder Unterstützung, falscher Aggression und Ungleichgewicht trägt zur Verschärfung des Burnouts bei.

    Der Weg aus dem Burnout: Grenzen und Selbstverbindung

    Um wieder ins seelische Gleichgewicht zu kommen und die Dynamik hinter einem Burnout zu durchbrechen, braucht es gesunde Grenzen und eine stabile Selbstverbindung. Der erste Schritt besteht darin, zu erkennen, dass wir selbst für die Veränderung unserer prägenden Muster verantwortlich sind. Nur so können wir die Gesundheit und Klarheit in unserem Leben zurückgewinnen und den Burnout überwinden.

    Die Beziehung zu sich stärken

    Jeder Mensch hat einen unzerstörbaren inneren Kern. In dieser inneren Verbindung kommen wir zum Ausdruck mit „Das bin Ich“. Wir fühlen uns lebendig, energiegeladen, voller Lebensfreude und nährenden Beziehung zu anderen Menschen. Wir haben einen stabilen Selbstschutz und Schutzreflex. Ein Burnout hat hier keine Chance.

    In meiner therapeutischen Arbeit stehen die Fragen im Vordergrund, was uns von dieser Verbindung zu uns selbst trennt? Was blockiert? Denn solange wir nicht aus uns selbst heraus handeln, handeln wir aus unseren Kompensationsstrategien. Unsere Überlebensselbst hat uns voll im Griff. Und aus dem Überlebensmodus wird es unmöglich, ein inneres Gleichgewicht zu finden und Grenzen klar zu definieren.

    Die eigenen Grenzen zu spüren, schenkt Halt, Sicherheit und Orientierung. Es bedeutet aber auch von alten und vertrauten Gewohnheiten loszulassen. Manche Muster fühlen sich an, als gehörten sie zur eigenen Identität. Sie schenken auf eine verquere Weise eine Illusion von Sicherheit, obwohl sie uns schädigen und ins Burnout treiben. Wer sich viel über Leistung definiert, wird realisieren, dass der eigene Wert nichts mit Leistung zu tun hat. Das kann schmerzhaft sein, enttäuschend und auch Angst machen. Unterdrückte Gefühle werden deutlich spürbar werden, wenn wir beginnen uns zu verändern und uns selbst mehr wahrzunehmen. Die Fragen „Wer bin ich ohne meine Muster?“ oder „Was will und brauche ich überhaupt?“ wollen beantwortet werden, wer wieder mehr Energie und Lebensfreude spüren möchte.

    Der Prozess zu sich selbst zu finden und die Beziehung zu sich zu stärken, ist oft schmerzhaft anstatt leicht. Aber wenn die Verbindung mal da ist, will man sie nicht mehr hergeben. Um keinen Preis der Welt.