VERLASSENHEITSERFAHRUNGEN IN DER MUTTER-KIND-BEZIEHUNG
Verlassenheits- und Verlusterfahrungen sind der Ursprung der narzisstischen Störung. Oft gekoppelt mit Depressionen und Ängsten, die sich erst im späteren Leben zeigen. Die gedrückte Stimmung, die depressiven Phasen oder Panikattacken, die einem im Alltag einholen, kann man sich selbst nicht erklären. Geht man zurück in die Kindheit kann es sein, dass man selbst sich dessen gar nicht bewusst ist, dass es sich um eine frühe Verlassenheit handelt, da man Beziehung nicht anders kennengelernt hat als unter diesen Bedingungen. Die Beziehung zu den Eltern zeigt von außen oft auch ein sehr fürsorgliches Bild oder auch ein sehr idealisiertes Elternbild seitens der Klienten. So erzählen Klienten: „Mir hat es an nichts gefehlt. Ich habe von meinen Eltern alles bekommen, was ich gebraucht habe. Wir haben in einem Haus gewohnt, sind in Urlaub gefahren und materiell war ich gut versorgt. Es gibt keinen Anlass zur Klage. Doch ich habe mich oft alleine gefühlt.“
Verlassenheit zeigt sich nicht nur in konkreten Ereignissen, wie Trennungen oder Tod, sondern auch in der emotionalen Verlassenheit. Daher ist gerade die Frage nach der Mutter-Kind-Beziehung wesentlich bei narzisstischen Kränkungen und mangelndem Selbstwert. Für einen gesunden Selbstwert, Vertrauen in das Leben und einer tragfähigen Autonomieentwicklung braucht das Kind eine emotional greifbare Mutter. Kinder müssen Resonanz erfahren und in ihren Bedürfnissen gesehen werden und in ihren Wesen bestätigt. Das Fehlen der mütterlichen Geborgenheit, Wärme und Schutz in frühen Jahren verunsichert ein Kind über die Maßen.
Eine innere Verunsicherung zeigt sich im Kindesalter zu Beginn in Schreien, Wutausbrüchen, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Schlafstörungen, Anfälligkeit für Infektionskrankheiten als Reaktion auf ihre Frustration. Wenn die Frustration anhält und die Bedürfnisse nicht erfüllt werden, folgt die Resignation und Anpassung. Beides sind Überlebensstrategien, um den Schmerz und den Stress nicht zu spüren. Als Erwachsene werden sie oft als sehr angenehm empfunden, da sie äußerst anpassungsfähig sind, kaum Bedürfnisse formulieren, sich sehr engagieren und viel Verantwortung übernehmen. Die andere Ausprägung wäre die stetige Suche nach Anerkennung und Bewunderung, um das gekränkte und verletzte Selbst nicht wahrzunehmen. In den Medien wird leider mehr über diesen aktiven Modus geschrieben, so dass ein sehr negatives und abwertendes Stereotyp über Narzissmus vorherrscht.
Doch in erster Linie geht es darum, narzisstisch gekränkte Menschen zu verstehen und in ihrem Schmerz zu sehen. Es ist die Wunde der Ungeliebten, wo die Liebe der Mutter nicht frei fließen konnte. Menschen, die nicht richtig gespiegelt wurden in ihren Bedürfnissen. Sie tragen ein großes inneres Leid und können sich oft erst im therapeutischen Kontext, dem eigenen Schmerz zuwenden. Hinzu kommt häufig eine Scham, nicht gesehen oder nicht gehört worden zu sein. Es braucht einen sicherer Ort, durch die Scham zu gehen und sich in der vollen Verletzlichkeit zu zeigen.
MUTTERSEELENALLEIN
„Ich finde keinen Platz im Leben“, „Ich habe Angst verlassen zu werden“, „“Ich fühle mich wertlos“, „Ich bin überfordert und einsam“, „Ich gebe viel und bekomme wenig zurück“, „Trotz Ehemann und Kindern fühle ich mich mutterseelenallein“ sind Aussagen, die ein Hinweis für eine Verlassenheitserfahrung sein können.
Die Mutter-Kind-Beziehung besteht als erstes und der Vater kommt später in der Bindungserfahrung dazu. Ist die Mutter emotional aufgrund ihrer eigenen Geschichte, durch eigene Traumata oder Verlusterfahrungen, nicht präsent, ist das Kind früh mit Verlassenheit, Ängsten, Hilflosigkeit und Ohnmacht konfrontiert. Damit fehlt dem Kind der Boden für die Entwicklung eines gesunden Selbstwertes. Früh erfahrene Verlassenheit führt bei vielen Menschen zu einer Selbstentfremdung. Sie leben nicht aus ihrem wahren, authentischen Selbst heraus, sondern entwickeln ein falsches Selbst. Ein falsches Selbst kann man auch als „Ich-Verbiegung“ bezeichnen. Man verleugnet das eigene Selbst, die eigenen Bedürfnisse im Sinne der Anpassung. Mit einem falschen Selbst ist das Kind und später der Erwachsene gezwungen, in zunehmenden Maße sich selbst zu verlassen und auf seine spontanen Gesten, Aggression und den Ausdruck seiner selbst zu verzichten und sich an die Umgebung anzupassen. Verlassenheit bewirkt in diesem Sinne Selbstentfremdung. Man spaltet sich von dem eigenen Wesen ab, was zu einer weiteren Verunsicherung, Ängsten und zu emotionalen Abhängigkeiten führt.
Emotionale Verlassenheit durch eine instabile Mutter-Kind-Beziehung führt zu einer mangelnden Selbstliebe, Selbstwert und Selbstvertrauen. Der damit verbundene Schmerz wird verdrängt und zeigt sich später in der unstillbaren Sehnsucht geliebt zu werden. Es werden unbewusst unheimliche Anstrengungen auf sich genommen, um im Außen das zu suchen, was gefehlt hat. Oft ist dies verbunden mit ausgeprägten Idealisierungstendenzen und einem Kontrollverhalten, wonach das Gegenüber die Erwartungen des narzisstisch verwundeten Menschen vollständig erfüllen muss. Man versucht sich Bewunderung und Anerkennung über Leistung zu erkämpfen. Doch misslingt der Kampf oder gelingt es nicht andere von sich zu überzeugen, so macht die Kränkung auf die Wunde des Verlassenwerdens aufmerksam. Darauf können Wut, Verlustangst, Ohnmacht, Haß oder Depressionen folgen. Wenn Frauen selbst Mutter werden, werden oft die eigenen unerfüllten Sehnsüchte auf die Kinder projiziert. Sie versuchen alles richtig zu machen mit enormen Anstrengungen. Sie handeln damit weniger aus sich selbst heraus, sondern aus dem eigenen inneren verlassenen Kind. Kinder spüren das und gehen innerlich auf Abstand. Sie fühlen sich wiederum nicht gesehen und nicht gehört, da sie ganz andere Bedürfnisse haben und auch in diesen gesehen werden wollen. Es ist ein Trugschluss, dass Kinder das brauchen, was man selbst vermisst hat. Kinder sind vollständig in sich selbst und haben ihre eigenen ganz individuellen Bedürfnisse. Diese werden sichtbar, wenn Mütter ihre eigenen Themen aufarbeiten und nicht vermischen. Dann kann das wahre Selbst zum Vorschein kommen und der Blick wird frei. Das ist der Boden für eine natürliche Autonomieentwicklung mit einer klaren ICH-DU-Grenze, Vertrauen in sich selbst und zum Gegenüber, dem Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse und dem authentischen Ausdruck von Gefühlen.
EMOTIONALE VERLASSENHEIT HEILEN
Verlassenheits- und Verlusterfahrungen sind traumatische Erfahrungen, die sich überwinden lassen. Wenn die traumatische Erfahrung nicht bearbeitet ist, bleibt sie als Trigger und Identifikation im emotionalen Gedächtnis. Durch die therapeutische Arbeit wird eine gesunde Distanz zu der traumatischen Erfahrung aufgebaut und als Teil der Vergangenheit im Gedächtnis gespeichert. Der damit verbundene Stress wird nachverarbeitet und ist nicht weiter unbewusst aktiv. Neue Verlusterfahrungen können besser verarbeitet werden und die Selbstverbindung bleibt bestehen.
TRAUMABEWÄLTIGUNG MIT DER ONLINE-AUTONOMIE-AUFSTELLUNG
Mit der Methode der Online-Autonomie-Aufstellungen können die Ursachen für Blockaden erforscht werden, um sich im weiteren Schritt von der zugrunde liegenden traumatischen Erfahrung emotional zu lösen. Dazu wird mit einem speziellen Lösungsalgorithmus der systemischen Aufstellungen gearbeitet.
Die Aufstellungen finden über Videosprechstunde statt. Der Klient arbeitet mit Holzfiguren als Stellvertreter, um sein inneres Erleben aufzustellen. Als Psychotherapeutin leite ich durch den Prozess, um die Selbstverbindung zu stärken, die Integration der Selbstanteile zu fördern und eine gesunde Grenze zur Vergangenheit aufzubauen.
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