SEHNSUCHT, EINSAMKEIT, SCHULDGEFÜHLE, ÄNGSTE KÖNNEN AUF EINEN VERLORENEN ZWILLING HINWEISEN
Jede zehnte Schwangerschaft beginnt nicht allein und ist als Zwilling oder als Mehrlinge angelegt. Ohne von der Mutter bemerkt zu werden, geht ein Zwilling wieder und hinterlässt einen alleingeborenen Zwilling. Für den alleingeborenen Zwilling hat dies mehr Einfluss auf sein Erleben in der Welt als bisher angenommen. Es lassen sich eine ganze Reihe von Symptome erkennen, unter denen ein alleingeborener Zwilling leiden kann:
- Hörschwierigkeiten
- Sehschwierigkeiten
- Schwindelanfälle
- Enge in der Brust
- Herzschmerz
- Hauterkrankungen
- Koliken
- tiefe Trauer
- unerfüllte Sehnsucht nach Einheit
- Panikattacken
- Verlustangst
- Verfolgungsgefühle
- Angst vor Berührungen
- Hauthunger, angefasst werden
- Schuldgefühle
- Einsamkeit
- an Freunden „kleben“
- Eifersucht
- Sehnsucht nach dem Tod und Lebte (hin-und hergerissen)
- Hochsensibilität
- Chronische Müdigkeit
- Kraftlosigkeit
- fehlgeschlagene Beziehungen
- nicht ins Leben kommen und keinen Halt finden
- Neigung zu schweren Fehlschlägen und Misserfolgen im Beruf
- Konkurrenz wird schwer ausgehalten
- mehre Berufe gleichzeitig
- Schwierigkeiten, Kinder zu bekommen
- Tiere ersetzen oft den fehlenden Zwilling
Gynäkologen belächeln häufig diese Annahme, da die Forschungen sehr jung sind und es nicht immer die technische Ausstattung gibt, in der frühen Schwangerschaft dieses Phänomen zu beobachten. Embryonen nisten sich ein und verschwinden. Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren diese Beobachtungen feststellen können. Man geht inzwischen davon aus, dass 40 Prozent der Embryonen als Zwilling angelegt sind. In den vergangenen Jahren zeigt sich zudem, dass weltweit die Zwillingsrate steigt.
Für einen alleingeborenen Zwilling ist die Verlusterfahrung sehr prägend. Erklären lässt sich dies durch unser Leibgedächtnis, wo alle Erfahrungen gespeichert sind. Bereits vorgeburtlicher Stress während der Schwangerschaft ist für das Kind ein Stressor, der in der Seele und im Körper bleibt. Es sind die ersten traumatischen Erfahrungen, die ein Kind macht. Im späteren Leben leidet ein alleingeborener Zwilling unter Symptomen, die er/sie sich nicht erklären kann. Im therapeutischen Prozess wird auf das Leibgedächtnis zugegriffen, um die Erinnerungen und Gefühle ins Bewusstsein zu holen und den Stress nachzuverarbeiten. Dann verschwinden auch die Symptome.
VERLUSTSCHMERZ: ZWILLINGE SIND TIEF MITEINANDER VERBUNDEN
Die emotionale Verbindung von Zwillingen ist mit keiner anderen Beziehung zu vergleichen. Selbst die Verbindung zu den Eltern ist nicht so stark wie zwischen Zwillingen. Der Verlust eines Zwillings ist eine emotionale Katastrophe und ein tiefgreifender Schmerz. Das Drama im Mutterleib hat massive seelische Auswirkungen, die einen Menschen ein Leben lang belasten, wenn diese nicht therapeutisch bearbeitet werden.
Einzelne Zwillinge fühlen sich unvollständig. Sie haben früh die erste Todeserfahrung und einen schweren Abschied hinter sich. „Bin ich falsch?“, „Bin ich zu viel oder zu wenig?“, „Ich fühle mich für jeden verantwortlich“ sind typische Gefühle. Überanpassung und Retterrollen sind Teil der unbewussten Schuldgefühle gegenüber dem Verlust des Zwillings. Alleingeborene Zwillinge sind immer auf der Suche nach einem Gegenüber, mit dem sie verschmelzen können. Das Wir-Gefühl ist stärker als das Ich-Gefühl und somit können immer wieder Identitätskrisen entstehen. Die Sehnsucht nach Symbiose wird dadurch zu einer eigenen Entwicklungsblockade und führt direkt in Abhängigkeitsverhältnisse. Damit ist es schwer, einen gesunden Selbstwert aufzubauen, das Leben kraftvoll in die Hand zu nehmen und gesunde Beziehungen einzugehen. Es kommt immer wieder zu Trennungen, Verlustangst und tiefen Herzschmerz.
Das frühe Verlusttrauma kann sich im Laufe des Lebens durch weitere Verlusterfahrungen wiederholen, so dass es immer schwieriger wird, sich auf Beziehungen einzulassen. Die Angst und die Erinnerung an den Schmerz gepaart mit der Sehnsucht nach Symbiose lassen unerträgliche Spannungen entstehen. Immer wieder wird der frühe Verlust unbewusst re-inszentiert, um die unabgeschlossene traumatische Erfahrungen zu vervollständigen.
AUFSTELLUNG ALS THERAPEUTISCHES MITTEL
Aufstellungen können helfen, den verlorenen Zwilling zu „entdecken“. Durch die Möglichkeit der Aufstellung als Stellvertreter mit Figuren können eigene Resonanzen wahrgenommen werden. Der Körper erinnert sich sofort und zeigt, ob es in der therapeutischen Arbeit die richtige Spur ist.
Im Prozess der Online-Autonomie-Aufstellung ist es möglich herauszufinden , ob es einen verlorenen Zwilling gegeben hat. Oft zeigt sich eine unbewusste Symbiose mit dem toten Zwilling. Unbewusst sind wir mit dem verlorenen Zwilling noch identifiziert, mit seinem Schicksal, seinem Tod. Das blockiert die eigene Entwicklung und die Selbstverbindung. Im Aufstellungsprozess wird durch eine Beziehungsklärung, die Identifikation gelöst und der Zwilling verabschiedet. Damit wird der eigene Raum wieder frei und man kann zu sich selbst finden.
BÜCHER
Das Drama im Mutterleib. Der verlorenen Zwilling., Alfred R. & Bettina Austermann (2006)
Der verlorene Zwilling. Wie ein vorgeburtlicher Verlust unser Leben prägen kann., Evelyne Steinemann (2006)