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Selbstregulation – Sich sicher und zuhause fühlen

SELBSTREGULATION – UNSERE EIGENE KRAFT SPÜREN

Der Zustand der Selbstregulation gibt uns das Gefühl, im eigenen Körper zuhause zu sein. Er ist Quelle der Lust und Freude anstatt der Last. In den Gesichtern der Menschen kann man sehen, wie lebhaft ihre Mimik erscheint. Man kann ihnen direkt in die Augen schauen und den Blickkontakt halten. Der Geist ist frei, offen und neugierig anstatt im Grübeln versunken.

Das Zuhause-Gefühl ist die Basis, um mit sich selbst verbunden zu sein und dadurch mit anderen in Kontakt zu treten. In der kreativen Leibtherapie stammt das Wort Leib von dem indogermanischen „lib“ ab, was „Leben“ und „lebendig sein“ bedeutet.

Wir müssen im Körper ankommen, um uns selbst gut regulieren zu können. Über den Kopf ist das unmöglich. Man bleibt im Funktionsmodus, der den Handlungsspielraum erheblich verkleinert, eng macht und Stress verursacht. Im therapeutischen Prozess braucht es Zeit und Durchhaltevermögen, da der Blick von außen nach innen erstmal sehr unangenehm sein und auch Angst verursachen kann. Um das Überleben zu sichern, trennen wir uns von unserem Körper. Wenn wir beginnen dem Körper wieder Leben einzuhauchen, kommen wir in Kontakt mit all den verdrängten Emotionen. Daher bitte ich Klienten „Bleib dran!“ anstatt der Angst zu folgen und aufzugeben. Es wird besser und die Lebendigkeit spürbar.

Selbstregulation ist die zentrale Fähigkeit, um selbstbestimmt zu leben und das eigene Leben zu gestalten.

In einem regulierten Zustand handelt man kongruent mit den eigenen Zielen, Bedürfnissen und Wünschen. Wir erleben die Welt als freundlich und weniger als gefährlich. Das autonome Nervensystem ist im Gleichgewicht. Wir wechseln zwischen Erregung und Entspannung. Damit befinden wir uns im „Window of Tolerance“ Je größer das Windows of Tolerance ist, umso mehr sind wir fähig auch bei höherer Anspannung oder Stress, in einer gesunden Reaktion zu bleiben und uns zu regulieren.

THE WINDOW OF TOLERANCE – Das Nervensystem im Gleichgewicht

Window of Tolerance

Dr. Dan Siegel, klinischer Professor für Psychiatrie, entwickelte das Window of Tolerance und beschreibt den besten Erregungszustand, in dem wir im Alltag funktionieren und gedeihen können. Wenn wir uns innerhalb dieses Fensters befinden, können wir effektiv lernen, sind offen und neugierig, können gut mit uns selbst und anderen umgehen.

Wir regulieren uns ununterbrochen, da ständig neue Bedürfnisse, Gedanken, Gefühle auftauchen und wir auf äußere Reize reagieren müssen. Wenn wir gut mit unserem Körper, d.h. mit uns selbst verbunden sind, können wir diese ausreichend regulieren und Stress gut bewältigen. Je nach Tagesverfassung ist die Schwingung mal im oberen und mal im unteren Bereich.

Wichtig für uns selbst ist, herauszufinden, was die individuelle Begrenzung ist, mit Stress und der damit verbundenen Erregung und Entspannung umzugehen. Diese „Begrenzung“ wird sehr früh angelegt, schon in den ersten Lebensjahren oder auch schon durch die Umstände der Geburt. Menschen haben durch ein Schocktrauma, frühe seelische Verletzungen, mangelnde Bindung bereits ein dysreguliertes Nervensystem und da ist das Window of Tolerance sehr eng.

Die Symptom- und Störungsbilder wie Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen sind alle Ausdruck einer Selbstregulationsstörung. Menschen sind einem Dauerzustand der Dysregulation, der Über- oder Untererregung, und das Leben fühlt sich wie ein ständiger Kampf an.

Wenn wir uns außerhalb dieses Fensters bewegen, können wir unter- oder übererregt sein. Übererregung resultiert aus der Kampf- oder Fluchtreaktion und ist durch übermäßige Aktivierung/Energie gekennzeichnet. Sie kann sich in Form von Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Wut und Wutausbrüchen, Panik, ständiger Angst, leichter Angst oder Erschrecken, selbstzerstörerischem Verhalten usw. äußern.

Im Zustand der Untererregung fühlen wir uns wie betäubt, sind chronisch müde, fühlen uns wie gelähmt, erstarren bei Konflikten, zu viel Nähe oder hohen Anforderungen, können schwer Nein sagen und haben das Gefühl keinen eigenen Raum zu haben.

Wir alle haben unterschiedliche „Fenster“, was auf Faktoren wie einschneidende Kindheitserlebnisse, unsere Neurobiologie, soziale Unterstützung, unser Umfeld und unsere Bewältigungsfähigkeiten zurückzuführen ist. Die Größe unseres Fensters kann sich von Tag zu Tag ändern, aber je größer wir das Fenster machen können, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Ärger und Frustration erleben oder uns niedergeschlagen und energielos fühlen.

Die Stärkung der Selbstregulation ist zentral in psychotherapeutischen Prozessen und kann Schritt für Schritt erlernt werden. Das braucht Zeit, Geduld und Mut.